Nairobianisch for you
von Stefan Ehlert
Wenn mein kleiner Sohn Caspar alle Traktoren im Hochbett geparkt, die Mutter sein Lied vom kleinen Treckerfahrer gesungen und die Schlafenszeit so um eine Stunde verschoben ist, sagt er zufrieden: "Now I can schlummer". Dann wirft er sein Schmusetuch über Bord und befiehlt: "Wewe (du), hol it!" Hernach erst sinkt er in die Kissen und schläft. Bis er morgens mit einem "Where is mein Schnulli?" aus dem Bett fährt. Zähneputzen verweigert der Zweijährige grundsätzlich mit einem "I have schon". Stimmt irgendwie, nur war das gestern.
Gustav ist sechs, spricht fließend Englisch und Deutsch und hält beide Sprachen auseinander. Aber wenn er es eilig hat, schnappt er sich die Brocken, die ihm zuerst in den Kopf kommen, reichert sie mit Kisuaheli an, und wir dürfen raten, wovon die Rede ist. "You, Papa, nachilea wganga", warf er mir neulich an den Kopf. "Ich box dich", soll das angeblich heißen.
Im Kindergarten redet er seit fünf Jahren mit Zöglingen aus 20 Nationen. Dort pickt sich jedes Kind aus all den Sprachen, die es hört, die einfachsten Worte heraus, berichten die Erzieherinnen. Und da die Haushälterinnen, Kinderfrauen, Gärtner und Fahrer der Eltern der Luhya-, Luo- oder Kikuyu-Ethnie angehören, kommen auch davon ein paar Worte zu Ehren. Nairobianisch nenne ich das Gemisch. Eigentlich praktisch. Wenn einer nölt, weil Papa nicht tut, was er soll, dann sage ich: "Don´t quietsch!". Das geht schneller als "Hör doch mal auf zu jammern", oder so.
"Nicht fighten", sagen die Kinder, wenn meine Frau und ich diskutieren. Oder sie erbitten Papier, weil sie "painten" wollen. Nur beim Thema Fußball bleibt Gustav heimattreu. Das eigens aus Douala herbeigeschaffte Leibchen des kamerunischen Star-Stürmers Samuel Eto´o hat keine Chance. Ausschließlich das deutsche WM-Trikot kommt für "PE" (sprich: Pi-ih) in Frage. PE steht für physical education, Sportunterricht. Wo soll das enden? Demnächst ziehen wir nach Frankfurt am Main um. Dann kommt Hessisch dazu!
Berliner Zeitung, 18.06.2007
http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/print/horizonte/662778.html
Wenn mein kleiner Sohn Caspar alle Traktoren im Hochbett geparkt, die Mutter sein Lied vom kleinen Treckerfahrer gesungen und die Schlafenszeit so um eine Stunde verschoben ist, sagt er zufrieden: "Now I can schlummer". Dann wirft er sein Schmusetuch über Bord und befiehlt: "Wewe (du), hol it!" Hernach erst sinkt er in die Kissen und schläft. Bis er morgens mit einem "Where is mein Schnulli?" aus dem Bett fährt. Zähneputzen verweigert der Zweijährige grundsätzlich mit einem "I have schon". Stimmt irgendwie, nur war das gestern.
Gustav ist sechs, spricht fließend Englisch und Deutsch und hält beide Sprachen auseinander. Aber wenn er es eilig hat, schnappt er sich die Brocken, die ihm zuerst in den Kopf kommen, reichert sie mit Kisuaheli an, und wir dürfen raten, wovon die Rede ist. "You, Papa, nachilea wganga", warf er mir neulich an den Kopf. "Ich box dich", soll das angeblich heißen.
Im Kindergarten redet er seit fünf Jahren mit Zöglingen aus 20 Nationen. Dort pickt sich jedes Kind aus all den Sprachen, die es hört, die einfachsten Worte heraus, berichten die Erzieherinnen. Und da die Haushälterinnen, Kinderfrauen, Gärtner und Fahrer der Eltern der Luhya-, Luo- oder Kikuyu-Ethnie angehören, kommen auch davon ein paar Worte zu Ehren. Nairobianisch nenne ich das Gemisch. Eigentlich praktisch. Wenn einer nölt, weil Papa nicht tut, was er soll, dann sage ich: "Don´t quietsch!". Das geht schneller als "Hör doch mal auf zu jammern", oder so.
"Nicht fighten", sagen die Kinder, wenn meine Frau und ich diskutieren. Oder sie erbitten Papier, weil sie "painten" wollen. Nur beim Thema Fußball bleibt Gustav heimattreu. Das eigens aus Douala herbeigeschaffte Leibchen des kamerunischen Star-Stürmers Samuel Eto´o hat keine Chance. Ausschließlich das deutsche WM-Trikot kommt für "PE" (sprich: Pi-ih) in Frage. PE steht für physical education, Sportunterricht. Wo soll das enden? Demnächst ziehen wir nach Frankfurt am Main um. Dann kommt Hessisch dazu!
Berliner Zeitung, 18.06.2007
http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/print/horizonte/662778.html
benundclaudia - 18. Jun, 11:30